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Die Einführung der eAU und damit das Ende des „gelben Scheins“?


Das Kürzel „eAU“ steht für elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, deren Einführung der Bundesgesetzgeber bereits im Jahre 2019 mit dem Bürokratieentlastungsgesetz III beschlossen hat.


Ursprünglich war geplant, dass das Verfahren der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, an dem neben den Krankenkassen auch die Ärzte, Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer beteiligt sind, schon zum 1. Januar 2022 Anwendung finden und dabei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) in Papierform - in den allermeisten Fällen - ablösen sollte. Jedoch wurde aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie, die zu Verzögerungen im Hinblick auf die Schaffung der technischen Voraussetzungen zur Einführung der eAU bei den Ärzten führte, der tatsächliche - insbesondere bezogen auf den für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verpflichtende - Einsatz dieses elektronischen Verfahrens auf den 1. Januar 2023 verschoben.


Auch im Rahmen des „neuen“ elektronischen Verfahrens ist weiterhin die sog. Anzeigepflicht (also der unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer gegenüber dem Arbeitgeber) nachzukommen.


Das elektronische Verfahren:


Zunächst ist festzuhalten, dass den Arbeitnehmer weiterhin - wie zuvor erwähnt - die sich aus § 5 Absatz 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ergebende Anzeigepflicht trifft, wonach er dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen hat.


Der maßgebende Unterschied im elektronischen Verfahren ist nunmehr der, dass der gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer nach dem neuen § 5 Abs. 1a EFZG zusätzlich zu der Anzeigepflicht bei einer länger als drei Kalendertagen andauernden Arbeitsunfähigkeit verpflichtet ist, - statt der obligatorischen Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber - das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer ärztlich feststellen zu lassen. Die bisherige Vorlagepflicht der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber ist mithin im Rahmen des neuen Verfahrens weggefallen. Demnach kann der Arbeitgeber auch nicht mehr vom Arbeitnehmer die Vorlage der AUB verlangen; er kann allerdings verlangen, dass der Beschäftigte das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer schon früher als im Gesetz vorgesehen ärztlich feststellen lassen muss. Dies ergibt sich aus § 5 Absatz 1a Satz 2 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 3 EFZG.


Der konkrete Verfahrensablauf als solcher sieht dabei wie folgt aus:


Zunächst übermittelt der vom Arbeitnehmer konsultierte Arzt nach der Feststellung dessen Arbeitsunfähigkeit die notwendigen Arbeitsunfähigkeitsdaten des Arbeitnehmers digital an die - zuständige - Krankenkasse, in der der Arbeitnehmer Mitglied ist. Dieses Vorgehen sieht der Gesetzgeber im Rahmen des elektronischen Verfahrens für die Ärzte verbindlich vor. Dabei sollen die Ärzte mindestens einmal am Tag die eAU-Daten an die Krankenkasse übertragen.


Die gesetzlich Versicherten haben aber gleichwohl weiterhin einen Anspruch auf eine papiergebundene Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, sodass diese Papierbescheinigung als gesetzlich vorgesehenes Beweismittel mit dem ihr von der Rechtsprechung zugebilligten hohen Beweiswert erhalten bleibt – laut Gesetzgeber soll dies jedoch nur solange der Fall sein, bis ein für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber geeignetes elektronisches Äquivalent dazu mit gleich hohem Beweiswert zur Verfügung steht. Die vorläufige Beibehaltung der Papierbescheinigung dient hierbei vor allem dazu, in sog. Störfällen (etwa einer fehlgeschlagenen Übermittlung der eAU an die Krankenkasse) das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall nachweisen zu können.


Sodann erfolgt im nächsten Schritt der Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsdaten von Seiten des Arbeitgebers bei der Krankenkasse. Dies setzt allerdings eine Berechtigung des Arbeitgebers hierfür voraus. Eine Berechtigung zum Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsmeldung durch den Arbeitgeber liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist und der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die abzurufende Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG mitgeteilt hat; darüber hinaus muss der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit gesetzlich krankenversichert sein.


Die zuständige Krankenkasse übermittelt daraufhin im letzten Schritt - in der Regel unverzüglich, jedoch spätestens am auf die Anfrage folgenden Werktag - dem Arbeitgeber die folgenden Informationen: Name des Arbeitnehmers, Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit, Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, und ob es sich dabei um eine Erst- oder Folgebescheinigung, einen Arbeitsunfall, die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einen sonstigen Unfall handelt.


Das Schicksal des „gelben Scheins“


Um nun den Bogen zur Überschrift dieses Beitrags zu schlagen, ist schließlich anzumerken, dass das Muster 1 oder besser bekannt als „gelber Schein“ zukünftig durch die Einführung des elektronischen Verfahrens eine bedeutend weniger wichtige Rolle haben, aber auch nicht gänzlich passé sein wird. Denn dem Arbeitgeber ist auch weiterhin ein „klassischer“ papiergebundener AU-Nachweis durch den Arbeitnehmer vorzulegen, wenn es sich um keine abruffähige Fehlzeit (z.B. Rehabilitationsleistung, Beschäftigungsverbot, Kind krank, etc.), eine geringfügige Beschäftigung in einem Privathaushalt, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt und nicht zuletzt um einen privat krankenversicherten Arbeitnehmer handelt.